Station 5
Bischof-Nathan-Denkmal
Die Büste des Bischof-Nathan-Denkmals stammt von der aus Branitz stammenden Bildhauerin Cilly Schmidt- Krammy (geb. 1915, gest. 1989). Sie hat ihr Werk nach Bildern aber auch noch „aus ihrem persönlichen Umgang" mit dem Bischof geschaffen. Über die Aufstellung der Bronzeplastik gibt es einen Fernsehbericht vom 23.10.1989. Joseph Martin Nathan (geb. 1867 Stolzmütz, Landkreis Leobschütz, gest. 1947 Troppau) gründete 1897 die Branitzer Heil- und Pflegeanstalten, eine psychiatrische Klinik. Zeitweilig waren dort 2000 Patienten untergebracht.
Eine Parkanlagen umgab den Gebäudekomplex der im Pavillonstil angelegt wurde. Das Gelände war zehn Hektar groß- Es befand sich dort auch ein großer Festsaal, eine Zentralküche, ein Handwerkerhof mit eigenen Werkstätten sowie je eine Dampfwäscherei, Bäckerei, Mühle, Fleischerei und Gärtnerei. Von 1913 -bis 1918 war Joseph Martin Nathan Reichstagsabgeordneter für den Wahlkreis Leobschütz. Am 17. April 1943 wurde er zum Weihbischof in Olmütz und am 6. Juni 1943 dann zum Bischof ernannt.
„Während der Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft versuchte Nathan möglichst viel der ihm anvertrauten Kranken vor den Krankenmorden zu retten, indem er sie nach Hause entlassen ließ - dennoch wurde ein Teil der Patienten in Sonnenstein ermordet. Bei der Troppauer Gestapo wurde er deshalb als persona ingratissima geführt.“
Am 21. Dezember 1946 wurde Joseph Martin Nathan von den polnischen Behörden ausgewiesen. Er war krank und hatte hohes Fieber. Er wurde trotzdem an die Grenze zur Tschecheslowakei gebracht und musste nach Troppau (tschechisch: Opava) gehen. Dort starb er am 30.01.1947.
Neues Amtsgericht
Die Treppe vor dem Amtsgerichtsgebäude (jetzt Landessparkasse) an der Bundesstraße war der Auslöser. Ein Umbau und die Verlegung der Treppe waren zu teuer. Das alte Amtsgerichtsgebäude wurde an die damalige Braunschweigische Staatsbank 1959 verkauft (siehe Station 13). Das neue Amtsgericht in der Schillerstraße wurde am 2. November 1960 bezogen.
Neben einem Sitzungsaal gab es zwei Richterzimmer, weitere Büros, die Räume für das Grundbuchamt, eine Wohnung für den Justizwachtmeister und zwei Zellen zur Verbüßung von Freiheitsarresten. Direkt neben dem neuen Amtsgericht lag die Gerichtsklause, wo nach dem Prozess der Kummer oder der Sieg gefeiert werden konnte. Nach nur einigen Jahren wurde das Amtsgericht Eschershausen zum 01.07.1973 geschlossen und nach Holzminden verlegt. 1974 entstand die erste Sozialstation in Niedersachsen in Eschershausen durch die kath. Kirche im ehemaligen Amtsgericht.
Katholische Kirche
Seit der Reformation gab es in Eschershausen keine katholischen Einwohner. Nur vereinzelt wohnten Katholiken in Eschershausen, so z.B. gab es 1846 bei 1405 Einwohnern nur 2 Katholiken. 1944 waren es schon 68 Katholiken bei 1262 Einwohnern. Bis 1947 zogen 2236 Vertriebene nach Eschershausen, wovon fast die Hälfte katholisch waren. Deshalb war der Bau einer neuen Kirche erforderlich. Die Katholische Kirche „Heilige Familie“ wurde am 19. Dezember 1954 eingeweiht.
Der Prälat Eduard Beigel (geb. 1907, gest. 1984) ist auf dem neuen Friedhof in Eschershausen beerdigt. Durch seinen Einsatz entstehen die Pfarrei „Zur Heiligen Familie“ und das Bischof-Nathan-Werk mit Altenwohnheim und der Heimatstube des Leobschützer Landes. Er lässt die katholischen Kirchen in Eschershausen und Dielmissen (inzwischen wieder entwidmet) bauen. Er ist Kanonischer Visitator für den deutschen Anteil der Erzdiözese Ölmütz (Generalvikariat Branitz) und damit Mitglied der deutschen Bischofskonferenz. Er erhält das Bundesverdienstkreuz erster Klasse.
70 Jahre katholische Kirche „Heilige Familie“ in Eschershausen
von Friedhelm Bandke
Der 2. Weltkrieg war noch nicht lange beendet und in Eschershausen vergrößerte sich die Anzahl geflüchteter Katholiken aus Oberschlesien und ehemaliger deutscher Ostgebiete. Ende 1946 waren es über 1800 neue Bürgerinnen und Bürger mit ihren Familien.
Pfarrer Peterknecht war ihr erster Seelsorger, der sich ebenfalls in Eschershausen niederließ. In Absprache mit der evangelischen Kirchengemeinde St. Martin fanden die heiligen Messen in der ev. Kirche statt. Das war schon damals gelebte Ökumene und die Katholiken waren sehr dankbar dafür.
Nach dem Tod von Pfarrer Peterknecht kam im April 1951 Pfarrer Beigel nach Eschershausen. Die vielen neuen katholischen Christen wünschten sich eine eigene Kirche. So wurde ein Bauantrag gestellt und am 25.5.1954 wurde die Baugenehmigung am heutigen Standort (Goethestr. 4) erteilt. Anfang Juni 54 begann der Bau der Kirche unter Mithilfe vieler Flüchtlinge. Da die finanzielle Lage der Flüchtlinge begrenzt war, wurden daher viele Steine zum Bau der Kirche gespendet. Hier sind die ersten Berührungspunkte zwischen der Stadt Eschershausen und der kath. Pfarrgemeinde zu finden. Am 20.8.54 wurde Richtfest gefeiert. Am 19.12.54 erhielt die Kirche durch Bischof Machens die Benediktion. An diesem Sonntag waren auch die Vertreter der Stadt Eschershausen, Bürgermeister, Stadtdirektor und Mitglieder des Stadtrats, sowie aus der ev. Kirchengemeinde, vertreten. Von Anfang an gab es eine gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Kirche sowie zwischen beiden Kirchengemeinden. Für alle war die neue Kirche „Heilige Familie“ eine Win-Win-Situation.
Pfarrer Beigel, der die Situation vieler seiner Schäfchen aus eigener Erfahrung kannte, setzte sich in vielen Bereichen für sie ein. Auch hier gab es zwischen Stadt und Kirche eine gute Zusammenarbeit, die über viele Jahre besonders für die Flüchtlinge sehr fruchtbar war. Wo die Stadt Eschershausen helfen konnte, z.B. beim Hausbau, wurde unterstützt, denn die vielen Neubürger brauchten Wohnraum. So entstanden viele Siedlungen und viele Straßen wurden neu angelegt. Einige Straßen bekamen auch Namen aus den früheren Ostgebieten (z.B. Königsberger Str., Berliner Str., Breslauer Str., Danziger Str. und weitere Straßen). Eschershausen wuchs und die industrielle sowie wirtschaftliche Entwicklung erfuhr eine neue Dimension, auch aufgrund vieler neuer Arbeitskräfte und Betriebe, die sich ansiedelten. Es begannen wie in vielen anderen Bereichen die wirtschaftlich goldenen Jahre. DASAG mit Naturasphalt, die Deutsche Schlauchboot (DSB), die Sperrholzfabrik waren größte Arbeitgeber in der Stadt.
Die Zusammenarbeit, wo sie zwischen Stadt und Kirche erforderlich war, wurde durch das ausgezeichnete Wirken des Prälaten Beigel für Bürger und Christen immer wieder gelobt.
Es gibt bis heute immer noch einige wichtige Einrichtungen, die auf diese Zeit zurückzuführen sind. Der Bau des Bischof-Nathan-Heims mit der Leobschützer Heimatstube darin, der Bau des Pfarrheims und des Pfarrhauses und die Übernahme des früheren Amtsgerichts (Haus St. Elisabeth) selbst sowie der Bau der kath. Kirche in Dielmissen, die heute schon wieder entwidmet ist.
Die jeweiligen Bürgermeister und Stadtdirektoren fanden stets den richtigen Weg und Draht zum wichtigsten Ansprechpartner, Prälat Eduard Beigel. Immer wieder war von einer guten Zusammenarbeit zu hören.
Aber alles hat seine Zeit und so wurde Prälat Beigel am 1.10.1974 in den Ruhestand verabschiedet. Bürgermeister Karl Dörries und Stadtdirektor Fritz Lenke überreichten Prälat Beigel für sein Wirken in der Stadt den Wappenteller der Stadt Eschershausen. Das musikalische Rahmenprogramm wurde durch die noch heute bestehende und in Eschershausen beliebte Musiker-Gruppe, die „Beigel-Buben“ – heute Lennetaler gestaltet. Die Beigel-Buben, immer wenn sie in der Stadt gefordert waren (Schützenfeste, Königsschießen, Geburtstage, Jubiläen und andere Veranstaltungen) standen mit ihrer Musik bereit. Viele ältere Eschershäuser denken stets an die Beigel-Buben, die die gute Verbindung Stadt und Kirche untermauerten.
Auf Veranlassung der Stadt Eschershausen wurde Prälat Beigel am 30.8.1984 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse für seine Verdienste, sein Wirken als Pfarrer und Seelsorger für die Stadt und seinen Bürgerinnen und Bürgern verliehen. Dieser Höhepunkt seines Wirkens wird in Erinnerung bleiben, obwohl viele der damaligen Teilnehmer an der Verleihung nicht mehr leben.
Am 7. 12.1984 verstarb Prälat Beigel im St. Bernward-Krankenhaus in Hildesheim. Beim Überschreiten des Iths im Leichenwagen in seine neue Heimatstadt läuteten die Glocken beider Kirchen.
Eine bedeutende Ära für Eschershausen und seinen Bürgerinnen und Bürger fand ein viel zu frühes Ende. Damit das Wirken nicht in Vergessenheit geraten und immer sichtbar sein sollte, wurde die Straße, die aus der Stadtmitte herkommend zur katholischen Kirche führt, am 24.9.1992 auf Vorschlag des Bürgermeisters Heinz Sassin und des Beschlusses des Rates der Stadt Eschershausen in Prälat-Beigel-Straße umbenannt.
Rat und Verwaltung der Stadt Eschershausen sowie Bürgermeister Friedhelm Bandke und Stadtdirektor Andreas Fischer gratulieren der katholischen Pfarrgemeinde „Heilige Familie“ zum 70-jährigen Jubiläum und hoffen weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit von Stadt und Kirche.
Weiterhin wünscht sich die Stadt Eschershausen, dass die Zusammenarbeit beider Kirchen im Sinne des ökumenischen Zusammenlebens gute Früchte zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger trägt.